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07.11.2024 Landtag

Kran­ken­haus Gols noch lange nicht fix

Die geplante Errichtung eines neuen Krankenhauses in den Golser Wiesäckern im Natura-2000-Gebiet stößt weiterhin auf breiten Widerstand. Neben Bedenken der Welterbe-Kommission und Umweltschutzorganisationen hat sich im Juni auch das Landesverwaltungsgericht Burgenland gegen den Standort ausgesprochen und den ursprünglichen Umwidmungsakt zum Bau der Klinik aufgehoben. Die Rechtsvertretung der Bürgerinitiative (BI), die List Rechtsanwalts GmbH aus Wien, bestätigte damals das Urteil.

 

Fiona List von der List Rechtsanwalts GmbH erklärte damals der BVZ gegenüber: „Es bleibt festzuhalten: Sollte durch eine überstürzte Gesetzesänderung eine neue Umwidmung erfolgen, wird diese verfassungswidrige Änderung bis zum Verfassungsgerichtshof angefochten werden. Bis dahin vergehen weitere Jahre – eine massive Verzögerung für ein dringend benötigtes Krankenhaus im Burgenland.“

 

Mittlerweile wissen wir: die Bürgerinitiative kann den Fall nicht vor den Verfassungsgerichtshof bringen, aber wir als Landtag können das – es braucht 12 Abgeordnete, die den Prüfungsantrag unterschreiben. Gemeinsam mit der ÖVP ginge sich das aus.

Folgende Punkte sprechen für die Verfassungswidrigkeit und Europarechtswidrigkeit des Paragraphen im Krankenanstaltengesetz, den die SPÖ in einer Husch-Pfusch-Aktion beschlossen hat:

 

  • Jedes Infrastrukturvorhaben, jede Straße, jeder Radweg, jede Stromleitung braucht in irgendeiner Art und Weise eine Widmung, der eine strategische Umweltprüfung vorangeht. Auch eine Eisenbahnlinie braucht eine strategische Prüfung. Nur dieses Krankenhaus soll aus dem Flächenwidmungsverfahren komplett rausgenommen werden und deshalb keine Umweltprüfung mehr brauchen? Das ist gleichheitswidrig und daher verfassungswidrig.
  • Durch den Wegfall der strategischen Umweltprüfung wird auch Europarecht verletzt. Die EU gibt klar vor, dass eine Umweltprüfung mit Umweltbericht durchgeführt werden muss. Das ist hier aber nicht der Fall, obwohl es sich um ein Natura-2000-Gebiet handelt.
  • Mit der Bestimmung hat die SPÖ auch geregelt, dass das Krankenhaus keine Naturschutzprüfung braucht. Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie gibt aber klar vor, dass in diesem geschützten Gebiet auf jeden Fall eine Naturschutzprüfung stattzufinden hat. Das ist ein weiterer Grund, warum die Bestimmung europarechtswidrig ist.
  • Da der Bau eines Krankenhauses kein Flächenwidmungsverfahren mehr braucht, ist auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit nicht mehr möglich. Bürger*innen und Umweltorganisationen können damit keine Stellungnahmen mehr abgeben und auch keine Parteistellung mehr erlangen. Das widerspricht der Aarhus-Konvention über die Rechte von Umweltorganisationen und ist auch europarechtswidrig und damit verfassungswidrig.

Unverständnis bei Standortwahl

Wir stellen erneut die Standortwahl und das Finanzierungskonzept des Projekts grundsätzlich in Frage. „Warum muss das Krankenhaus zwingend an diesem Standort errichtet werden? Ein alternativer Standort, sei es 2 Kilometer weiter rechts oder links, in Parndorf oder in Neusiedl, wäre weit weniger belastend für die Umwelt und besser für die Gesundheit der Menschen. Weil es schon längst in Bau sein könnte“, so Klubobfrau Anja Haider-Wallner. Sie plädiert dafür, als schnelle und günstige Lösung die Ambulanz in Frauenkirchen im 24-Stunden-Betrieb zu finanzieren und zum Primärversorgungszentrum ausbauen zu lassen.

 

Die Golser Wiesäcker, ein geschütztes Naturgebiet, seien als Standort gänzlich ungeeignet. „Bodenversiegelung, Naturzerstörung, Artensterben und der Verlust eines Naherholungsgebietes wären die Folgen dieses Baus. Der Schaden für die Region und die Gesundheit der Menschen überwiegt den Nutzen dieses Standorts“, ergänzt Landtagsabgeordneter Wolfgang Spitzmüller.

Der Bereich, der für den Bau vorgesehen ist, wurde für den Bau von Windräder dezidiert ausgenommen, um einen Korridor zwischen den Zitzmannsdorfer Wiesen und den gegenüber liegenden Naturräumen freizuhalten.

 

Viel zu viele Barrieren gibt es bereits für Tiere und Pflanzen, natürliche Grünstreifen verschwinden oder werden unterbrochen, was das Wandern von Tieren aber auch Pflanzen erschwert bis unmöglich macht. Das Spital, samt der Zufahrten und Nebengebäude, wäre eine weitere Barriere. Selbst zusätzliches nächtliches Licht, welches in den jetzt nächtlich völlig dunklen Weingärten durch den Spitalsbau geschaffen würde, wäre eine neue Barriere für Tiere, da Kunstlicht den Naturräumen schadet. Ebenso ist fraglich, wie negativ sich die Wassersituation durch den Spitalsbau auf die benachbarten Feuchtwiesen auswirken würde.

Finanzierungspläne: Fragen zur Transparenz und Wirtschaftlichkeit

Die geplante Verschränkung der Krankenhausfinanzierung mit Geldern aus Klimaschutzprojekten sorgt für Irritation. Es fehlt an Transparenz: „Die veröffentlichten Informationen wirken wie Finanzmagie,“ betont Haider-Wallner. Wir fordern, dass Gelder aus Klima- und Energieförderungen in nachhaltige Projekte fließen und nicht zur Finanzierung eines Krankenhauses zweckentfremdet werden. Ein Krankenhausprojekt benötigt eine verlässliche, transparente Finanzierung, die nicht auf Spekulationen aufbaut. Die Verträge und Planrechnungen müssen offengelegt werden, fordern wir in einem Antrag, den sie in der nächsten Landtagssitzung einbringen.

Zahlreiche Fragen sind ungeklärt:

 

  • Wirtschaftliche Rentabilität: Auf den ersten Blick kein gutes Geschäft für die Burgenland Energie – entweder schenken sie zu Beginn etwas her, oder sie kaufen zu teuer zurück.
  • Zeitlicher Ablauf: Der geplante Baubeginn ist 2026 – jedoch braucht es Jahre, um Anlagen und Energieprojekte dieser Größe zu errichten und wirtschaftlich rentabel zu betreiben.
  • Kosten für die Bevölkerung: Müssen die Bürgerinnen und Bürger im Burgenland nun über steigende Energiepreise das Krankenhaus mitfinanzieren? Und wie wirkt sich hier die neueste Idee des Landeshauptmanns mit der Energiegemeinschaft „Fanclub Burgenland Energieunabhängig” aus?

Wir fordern Dialog und neue Lösungen

Die GRÜNEN appellieren an die ÖVP, einen gemeinsamen Prüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof einzubringen und bei den Verantwortlichen in der Regierung, Alternativen ernsthaft zu prüfen und Expert*innen, betroffene Bürger*innen und die Politik an einen Tisch zu holen. „Der Landeshauptmann betont stets, dass man sich als Politiker immer wieder selbst hinterfragen und gegebenenfalls Entscheidungen auch ändern muss. Jetzt hat er die Gelegenheit dazu: Wenn wir dieses Krankenhaus nicht aus eigener Kraft finanzieren können und der Standort unhaltbar ist, braucht es andere Lösungen – wir sind bereit, gemeinsam neue Wege zu erarbeiten“, so Anja Haider-Wallner.

Hannah Neugebauer

Socialmedia- und Contentmanagement

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