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27.11.2024 Landtag

„­Land kann hin­bau­en, wo es will.“

GRÜNE prüfen Änderung des Raumplanungsgesetzes

Die GRÜNEN Burgenland unterziehen die dem Landtag vorgelegte Änderung des Raumplanungsgesetzes einer genaueren Prüfung. Die von der Landesregierung häufig praktizierte „Taktik des Drüberfahrens“ soll nun auch bei der Errichtung von Gebäuden – z. B. auf Grünflächen – zur Anwendung gebracht werden. 

 

Die Landesregierung hat dem Landtag eine Änderung des Raumplanungsgesetzes vorgelegt, die im Dezember beschlossen werden soll. Wörtlich heißt es in Punkt 12 der Novelle, dass in § 32 ein neuer Absatz eingefügt wird:

 

„(6) Gebäude und Bauten, die im Eigentum des Landes Burgenland sowie seiner Unternehmen und deren Subunternehmen stehen, die in einem besonderen öffentlichen und überörtlichen Interesse liegen, sind auf Baulandwidmungen gemäß § 33 Abs. 3 oder auf Grünflächensonderausweisungen gemäß § 40, auf denen Baulichkeiten errichtet werden können, zulässig, sofern die öffentlichen Interessen die Interessen der Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer oder der Anrainerinnen und Anrainer überwiegen. Ein besonderes öffentliches Interesse liegt insbesondere bei der Errichtung von Baulichkeiten im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung, allgemeinen Sicherheit, Bildung oder Kultur vor, sofern diese geeignet sind, die Versorgung der Bevölkerung in ihren Grundbedürfnissen in ausreichendem Umfang und angemessener Qualität im Sinne des § 1 sicherzustellen.“

 

Was das bedeutet, erklärt Klubobfrau Anja Haider-Wallner: „Kurz und knackig: Das Land kann überall hinbauen, wo es will.” Das Land Burgenland und die Landesgesellschaften haben in Zukunft viel freiere Hand bei der Errichtung von Gebäuden als Privatpersonen oder Unternehmen. Während man normalerweise Gebäude nur auf der entsprechenden Widmung (z. B. Wohngebiet, Betriebsgebiet, Industriegebiet) errichten darf, darf das Land, egal welche Gebäude, auf jeder Baulandwidmung errichten – und darüber hinaus auch auf jeder Grünflächenwidmung, wo sonst nur landwirtschaftliche Gebäude errichtet werden dürften.

 

Einzige Voraussetzung: Das Gebäude dient einem „besonderen öffentlichen Interesse“ – aufgezählt werden in diesem Zusammenhang medizinische Versorgung, allgemeine Sicherheit, Bildung und Kultur. Warum nur oder gerade diese Bereiche aufgezählt werden, und z. B. nicht die Energieversorgung, ist nicht klar.
Haider-Wallner: „Die bauen dir also hinter dein Haus ein Kulturzentrum oder ein Pflegeheim hin und dann schauen dir alle in den Garten. Was natürlich auch heißt, dass der Verkehr rund ums Zuhause zunimmt und die Parksituation immer prekärer wird.”

 

Normalerweise ist es so, dass während eines Widmungsverfahrens für Bauland eine Strategische Umweltprüfung gemacht und ein Umweltbericht verfasst wird. Bei Grünflächen wird das nicht gemacht. Was heißt das? Ganz einfach: Das Land darf große Gebäude dort errichten, wo normalerweise nur Heustadeln und Schweineställe gebaut werden dürfen, und benötigt keine vorhergehende Umweltprüfung dafür.

 

Haider-Wallner: „Nicht falsch verstehen: Es ist nichts einzuwenden gegen ein Kulturzentrum oder ein Pflegeheim, aber wenn schon eines errichtet wird, dann bitte im Ortszentrum und im Zuge eines geregelten Verfahrens, das die zuständigen Gemeinden und die Anrainer nicht umgeht!”

Der Standort der heutigen Pressekonferenz, die Hornbach-Baustelle in Eisenstadt, wurde nicht ohne Grund gewählt. Es liegt zwar ein ordentliches Widmungsverfahren zugrunde, aber auch hier hat es ein böses Erwachen gegeben für viele Eisenstädter*innen, als dann wirklich die Bagger angerückt sind. „Die GRÜNEN haben daraufhin viele Zuschriften erhalten, wo wir nur sagen können: Wir mobilisieren, wir kommunizieren – aber wir brauchen jede Stimme, damit wir in Zukunft wirksamer sein können. Die Hornbach-Baustelle ist nur ein Beispiel dafür“, so Anja Haider-Wallner.

 

Die Landesregierung schafft sich durch die Raumplanungsnovelle selbst die Möglichkeit, Gebäude auf die grüne Wiese zu bauen, ohne auf die Planung der Gemeinden oder die Umwelt Rücksicht nehmen zu müssen. Landtagsabgeordneter Wolfgang Spitzmüller ärgert sich: „Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Bemühungen um weniger Bodenversiegelung im Burgenland. Das ist ein Schlag ins Gesicht für langfristiges, vernünftiges und nachhaltiges Denken.”

 

Es stellt sich die Frage: Warum machen die das? Anlassfälle für diese Gesetzesänderung können nur vermutet werden. Spitzmüller: „Vermutlich hat die SPÖ-Alleinregierung Schwierigkeiten, mit den Bürgermeister*innen anderer Parteien geeignete Standorte für Pflegezentren und Kulturzentren zu finden bzw. auszuverhandeln und will diese nun mit der bewährten Taktik des Drüberfahrens durchsetzen.”

So können Pflegezentren, Kulturzentren, Hochschul- und Universitätsgebäude ins Grünland, ins Industriegebiet oder auch mitten ins Wohngebiet gebaut werden. Das ist eine Fortführung dessen, was die Landesregierung für das Krankenhaus Gols im Krankenanstaltengesetz schon begonnen hat: Das Land schafft für sich selbst Umgehungen in der Raumplanung.

 

Wolfgang Spitzmüller: „Wohlgemerkt, hier werden viele Rechte komplett ausgehebelt: Anrainer*innen-Rechte, Naturschutz, Flächenwidmung, Landesentwicklungsplan, ja sogar die örtlichen Entwicklungskonzepte der Gemeinden. Das Land braucht sich nach der neuen Bestimmung an nichts mehr zu halten. Demokratiepolitisch eine Bankrott-Erklärung und so nicht hinzunehmen. Wir werden prüfen, wie wir dagegen vorgehen können. Unserer Ansicht nach ist das klar verfassungswidrig. Alle müssen sich an Gesetze halten, nur das Land pfeift drauf – das kann es ja wohl nicht sein.“

 

Haider-Wallner wundert sich besonders über den Zeitpunkt vor der Landtagswahl: „Wenn eine nächste Landesregierung blau-schwarz ist, kann man sich vorstellen, wie mit dieser Ausnahmeregelung umgegangen wird. Ob das den ‘roten’ Gemeinden dann gefallen wird?”

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