WK-Wahl im Burgenland: Kandidatur trotz Wahlbetrugs
Burgenländische Grüne fordern vom ÖVP-Wirtschaftsbund Konsequenzen
Bei der laufenden Wirtschaftskammerwahl kandidieren zwei Personen, denen bei der letzten Wahl im Jahr 2020 Wahlfälschung nachgewiesen wurde. “Ungeheuerlich” nennen das die Grüne Landessprecherin Anja Haider-Wallner, die den Wahlbetrug vor fünf Jahren aufgedeckt hatte, und der Regionalsprecher der Grünen Wirtschaft, Roland Siedl. Sie fordern politische Konsequenzen: Der ÖVP-Wirtschaftsbund müsse verhindern, dass die beiden Wahlfälscher:innen ihre Mandate annehmen.
Anja Haider-Wallner hatte als Mitglied der Hauptwahlkommission bei der Wirtschaftskammerwahl 2020 Unregelmäßigkeiten festgestellt. Auf Stimmzetteln der Fachgruppe “Personenberatung und Personenbetreuung” fanden sich viele gleich aussehende Unterschriften. Offenbar hatten Inhaber:innen von Vermittlungsagenturen Stimmzettel der für sie tätigen 24-Stunden-Betreuer:innen gesammelt und selbst ausgefüllt.
Viereinhalb Jahre dauerte das folgende Verfahren, dann wurde die Wahl aufgehoben. Die Hauptwahlkommission selbst sprach von einem “rechtlichen und ethischen Totalversagen der Wahlkommission”. Zwei Personen wurden verurteilt, vier weitere Verfahren endeten mit einer Diversion. Die Betroffenen bekannten sich also zu ihrer Tat, kamen aber ohne Strafverfahren davon.
Betrug an den Wähler:innen
Nun kandidieren zwei Personen, denen Wahlfälschung nachgewiesen wurde, erneut auf der “Gemeinsamen Liste der burgenländischen Personenberatung und Personenbetreuung”. Die beiden wurden vom ÖVP-Wirtschaftsbund nominiert. “Für mich ist klar: Wer an einem Wahlbetrug beteiligt war, hat auf einem Mandat der Wirtschaftskammer nichts verloren”, betont die Grüne Landessprecherin und langjährige Regionalsprecherin der Grünen Wirtschaft, Anja Haider-Wallner. “Das Vorgehen zeigt, dass der ÖVP-Wirtschaftsbund den Wahlbetrug offenbar weiterhin nicht ernst nimmt.”
Der Regionalsprecher der Grünen Wirtschaft, Roland Siedl, sieht das Ansehen der Wirtschaftskammer insgesamt in Gefahr: “Dass eine Kandidatur nach einer Wahlfälschung überhaupt möglich ist, ist für die Mitglieder nur schwer zu verstehen. Dass der Wirtschaftsbund diese Personen nominiert, ist moralisch zutiefst verwerflich. Das erschüttert das Vertrauen der Mitglieder in die Wahl und in die Kammer insgesamt.”
Personelle Konsequenzen
Siedl und Haider-Wallner fordern ÖVP-Wirtschaftsbund-Obmann Peter Nemeth zum Handeln auf: “Auf der Liste finden sich verurteilte Wahlbetrüger und Sozialbetrüger. Er hat sofort dafür zu sorgen, dass diese Personen keine Funktion mehr ausüben können.”
Was passiert, wenn Nemeth nicht handelt? “Dann muss Wirtschaftskammer-Präsident Andreas Wirth für Ordnung sorgen”, ist Haider-Wallner überzeugt. “Er hat das Ansehen der Kammer zu schützen.”
Saubere Politik im Burgenland
Die rot-grüne Landesregierung hat in ihrem “Zukunftsplan Burgenland 2030” angekündigt, die österreichweit strengsten Regeln bei strafrechtlichen Vorwürfen gegen Abgeordnete und Regierungsmitglieder zu schaffen. Haider-Wallner: “Es darf nicht sein, dass ausgerechnet in der Wirtschaftskammer Burgenland die österreichweit laschesten Regeln gelten. Das Burgenland hat sich saubere Politik verdient.”
Grüne Wirtschaft
Langfristig fordert die Grüne Wirtschaft eine Wahlrechtsreform, die derartige Vorfälle verhindert. Sie hat dazu in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Anträge in den Wirtschaftsparlamenten eingebracht. Zum Beispiel würde eine Direktwahl der Delegierten zum Wirtschaftsparlament auf gesondertem Stimmzettel eine reelle Verteilung der Sitze für alle Fraktionen gewährleisten.
Das passive Wahlrecht für alle Unternehmer:innen stellt eine weitere Forderung dar.
„Wieso sind Schweizer Staatsbürger:innen, die ein Unternehmen in Österreich haben, die ihre Umlagen zahlen, SVS-Beiträge und Steuern abliefern, von einer Kandidatur in ihrer Fachgruppe ausgeschlossen, und zum Beispiel slowakische oder auch türkische Unternehmer:innen können problemlos in ihren Fachgruppen kandidieren?“, so Roland Siedl, Regionalsprecher der Grünen Wirtschaft.